Meine Meinung zu Wordpress
Einmal Wordpress und zurück
Mich verbindet mit Wordpress eine Art Hass-Liebe. Einerseits ist Wordpress ein schnell zu installierendes und leicht an die eigenen Bedürfnisse anpassbares CMS bzw. Blogsystem, das man auch als Webframework nutzen kann. Themes und Plugins lassen sich im Handumdrehen selbst entwickeln und die Community ist riesig. Auf der anderen Seite wird es leider auch sehr oft gehackt und es existieren tausende Exploits für ebenso viele Plugins. Hängt man mit der Wartung hinterher, kann es schnell passieren und man hat aufgrund einer ungepatchten Sicherheitslücke ungebetenen Besuch. Das kann bei einer statischen Seite in HTML kaum passieren. Es ist sogar richtig schwer so eine Seite zu hacken - im Gegensatz zu Wordpress. wo es schon Anfänger-Tutorials im Netz gibt. Leider ist reines HTML in seiner Entwicklung deutlich aufwändiger als Wordpress, bei dem man schnell mal einen Sitebuilder anwerfen kann und im Handumdrehen ein Design gezaubert hat. Hier gilt es, im Vorfeld abzuwägen, was die sinnvollste Lösung ist.
Webseite 2022 = CMS?
Die meisten Kunden-Vorstellungen eint, dass sie zunächst eigentlich gar kein Content Management brauchen. Und auch diejenigen, die anfangs meinten, sie könnten einfache Seiten selbst editieren, landen am Ende in fast allen Fällen wieder bei mir, um mich die Updates an der Seite einpflegen zu lassen, sei es auch nur ein Kommafehler. Es ist im normalen Arbeitsalltag kaum Zeit, Mitarbeiter in komplizierte Editoren und allem drumherum einzuarbeiten, denn selbst in leicht zu bedienende Sitebuilder wie Elementor oder DIVI, muss man eine nicht unerhebliche Einarbeitungszeit einplanen und zumindest Grundlagen von Webentwicklung verstehen. Dazu kommt, dass einmal Gelerntes, nicht gleichzeitig auch jahrelang gültig sein muss, denn die Software wird ständig erweitert und/oder umstrukturiert. Viele scheitern schon bei einer einfachen Textbearbeitung, wenn eine Box nicht mehr groß genug ist. Von komplexeren Aufgaben wie Responsibilität muss ich hier nicht anfangen. Jede Änderung muss ja auch für verschiedene Devices, Tablet oder Mobile angepasst und getestet werden. Hier sind Anwender meist völlig überfordert und müssen den Auftrag an einen Developer abgeben.
Die Vorteile von Wordpress…
Ein Hauptgrund Wordpress einzusetzen ist, dass es in der Community viele fertige Themes und Plugins gibt und sich Wordpress praktisch unendlich anpassen lässt. Dazu kommt eine leicht zu erlernende API, die es erlaubt, im Handumdrehen eigene Plugins zu entwickeln und eine riesige Community, die praktisch jedes Problem schonmal irgendwo gesehen hat und damit endlos helfende Hände bei Problemlösungen.
…sind die Nachteile von Wordpress
Und weil es praktisch für jedermann so einfach ist, eine Wordpess-Webseite zu bauen, tummeln sich auf dem Markt auch sehr viele Amateure, die Wordpress-Seiten zu teils Dumping-Preisen anbieten. Auf Kosten der Qualität, Sicherheit und Geschwindigkeit. Wordpress bläht sich mit jeder Installation eines fancy Plugins nämlich immer weiter auf und wird langsamer und anfälliger für Attacken. Dazu kommt sehr oft, dass es irgendwann nicht mehr gewartet wird und die Seite mit der Zeit so immer verwundbarer wird, bis es zum großen Knall kommt und man einen “White Screen of Death” vor sich hat. Dann ist guter Rat teuer und es gab schon Fälle, wo aufgrund von fehlenden Backups auch nichts mehr zu machen war. Die Seite war futsch, der Kunde musste praktisch alles neu entwicklen lassen.
Was Kunden eigentlich wollen und was sie meistens bekommen
Ein durchschnittlicher Wordpress-Kunde will eigentlich erstmal gar kein Wordpress, es ist im Grunde egal, mit welcher Software seine Webseite gestaltet wird, er will lediglich eine funktionierende Webseite. In vielen Fällen sogar nur eine Landingpage mit Kontaktmöglichkeit. Das trifft tatsächlich erstmal auf die meisten Wordpress-Interessierten zu. Viele lockt das Versprechen, Seiten könnten praktisch von Jedermann ohne Vorkenntnisse bearbeitet werden, was aber eine Fehleinschätzung bzw. die Folge einer Fehlberatung ist.
Ich habe nicht nur einmal komplette Seiten in den Papierkorb bewegt, die von Kunden bearbeitet wurden, weil praktisch alles zerschossen war. Dass es sich bei Sitebuildern nicht um Word handelt, sollte allen klar sein, aber damit die Elemente auf der Seite nach den Vorstellungen verhalten, braucht es fundamentale Kenntnisse, wie Elemente im Browser überhaupt angezeigt werden. Hier findet oft auch seitens der “Webdesigner” keine ausreichend gute Beratung statt. Stattdessen wird es als Verkaufsargument mitgegeben: “Sie bekommen einen Seite, die Sie selbst bearbeiten können.” Klingt gut, aber ist in den meisten Fällen nicht ohne weiteres möglich. Die Wenigsten haben die Muße und die Zeit, sich mit der komplexen Technologie auseinanderzusetzen.
Wann ist Wordpress sinnvoll?
Neben all den Do`s und Don’ts, ist Wordpress eine tolle Software, die Anwendungsbereiche hat. Wordpress wurde als Blog-Software entworfen und hat in diesem Bereich echte Vorteile, aber auch die Sitebuilder sind mittlerweile wirklich brauchbar. Plugins wie Woocommerce können aus einer einfachen Webseite im Handumdrehen ein vollwertiges, kleines Shopsystem machen. Wenn man also im Vorfeld schon weiß, dass man ein Shopsystem einbinden möchte, kann Wordpress eine wirklich brauchbare Alternative sein. Außerdem kann man mit Wordpress relativ leicht eigene Erweiterungen entwickeln. Es hat eine sehr gut dokumentierte API, eine REST API, eine Options-API und vieles mehr. Es ist praktisch ein vollwertiges Webframework.
Und wann nicht?
Möchte man eine reine Landingpage mit Kontaktmöglichkeit, dann ist Wordpress womöglich einfach die schlechtere Lösung, einfach weil Wordpress-Seiten einen Wartungsaufwand haben und auch nicht zu den schnellsten Seiten gehören. Am Ende obliegt es einer guten Beratung, was der Kunde am Ende braucht. Einfach ins Blaue Wordpress zu benutzen, obwohl man im Grunde kein CMS/Blog braucht, weil man evtl nichts anderes beherrscht, ist unprofessionell und kann den Kunden am Ende bares Geld kosten. Vor allem wenn Webseiten nach der Veröffentlichung nicht mehr gewartet werden. Das fällt bei statischen Seiten bzw Builds komplett weg.
Fazit
Wer eine neue Webseite oder Webapplikation plant, sollte sich im Vorfeld im Klaren sein, was er möchte. Im Optimalfall sollte eine professionelle Beratung vorangehen, in der abgewägt wird, ob die Nutzung von Wordpress im professionellen Bereich Sinn ergibt und welche Alternativen es gibt. Stutzig sollte man werden, wenn ein Anbieter nur Wordpress empfiehlt, und keine Alternativen bereitstellen kann. Solche meist semiprofessionellen Entwickler gibt es im Netz viele und es ist für Laien oft schwierig hier die Spreu vom Weizen zu trennen. Die professionelle Nutzung von Wordpress geht immer mit einem Wartungsangebot einher und auch auf Hosting und Sicherheit sollte entsprechend Wert gelegt werden. Interessierte sollten hier ganz genau hinschauen und nicht beim erstbesten, günstigsten Angebot sofort zuschlagen.